Sprache des Dokuments : ECLI:EU:T:2015:984

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)

16. Dezember 2015(*)

„Wettbewerb – Kartelle – Europäischer Luftfrachtmarkt – Vereinbarungen und abgestimmte Verhaltensweisen in Bezug auf mehrere Bestandteile der Preise für Luftfrachtdienstleistungen (Einführung von Treibstoffzuschlägen und Sicherheitszuschlägen, Weigerung, eine Provision auf die Zuschläge zu zahlen) – Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Abkommens zwischen der Gemeinschaft und der Schweiz über den Luftverkehr – Begründungspflicht“

In der Rechtssache T‑67/11

Martinair Holland NV mit Sitz in Haarlemmermeer (Niederlande), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt R. Wesseling,

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten zunächst durch S. Noë, N. von Lingen und C. Giolito, dann durch S. Noë, C. Giolito und A. Dawes als Bevollmächtigte im Beistand von B. Doherty, Barrister,

Beklagte,

betreffend eine Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 7694 endg. der Kommission vom 9. November 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache COMP/39258 – Luftfracht), soweit er die Klägerin betrifft, oder, hilfsweise, auf Nichtigerklärung von Art. 5 Buchst. m dieses Beschlusses, soweit darin gegen sie eine Geldbuße verhängt wird, oder auf deren Herabsetzung

erlässt

DAS GERICHT (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen (Berichterstatter), der Richterin I. Pelikánová und des Richters E. Buttigieg,

Kanzler: S. Spyropoulos, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Mai 2015

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Die Klägerin, die Martinair Holland NV, ist eine auf dem Markt für Luftfracht (im Folgenden: Fracht) tätige Fluggesellschaft.

2        Am 7. Dezember 2005 erhielt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften gemäß ihrer Mitteilung über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) von der Deutschen Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa) und deren Tochtergesellschaften, der Lufthansa Cargo AG und der Swiss International Air Lines AG (im Folgenden: Swiss), einen Antrag auf Geldbußenerlass. In diesem Antrag wurde erklärt, dass zwischen mehreren auf dem Frachtmarkt tätigen Unternehmen (im Folgenden: Fluggesellschaften) wettbewerbswidrige Kontakte bestünden, die insbesondere

–        den Treibstoffzuschlag, der eingeführt worden sei, um den steigenden Treibstoffkosten zu begegnen, und

–        den Sicherheitszuschlag, der eingeführt worden sei, um den Kosten bestimmter nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 vorgeschriebener Sicherheitsmaßnahmen zu begegnen,

beträfen.

3        Am 14. und 15. Februar 2006 führte die Kommission gemäß Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) unangekündigte Nachprüfungen durch.

4        Im Anschluss an die Nachprüfungen stellten mehrere Fluggesellschaften, darunter die Klägerin, einen Antrag gemäß der Kronzeugenregelung von 2002.

5        Am 19. Dezember 2007 richtete die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an 27 Fluggesellschaften, darunter die Klägerin (im Folgenden: Mitteilung der Beschwerdepunkte). Sie stellte fest, dass diese Fluggesellschaften dadurch gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und Art. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (im Folgenden: Schweizer Abkommen) verstoßen hätten, dass sie sich an einem weltweiten Kartell u. a. über den Treibstoffzuschlag, den Sicherheitszuschlag und eine Weigerung der Zahlung von Provisionen auf die Zuschläge (im Folgenden: Weigerung der Zahlung von Provisionen) beteiligt hätten. In Beantwortung der Mitteilung der Beschwerdepunkte reichten ihre Adressaten schriftliche Erklärungen ein. Vom 30. Juni bis zum 4. Juli 2008 fand eine mündliche Anhörung statt.

6        Am 9. November 2010 erließ die Kommission den Beschluss K(2010) 7694 endg. in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Schweizer Abkommens (Sache COMP/39258 – Luftfracht) (im Folgenden: angefochtener Beschluss). Der angefochtene Beschluss wurde an folgende 21 Fluggesellschaften (im Folgenden: beschuldigte Fluggesellschaften) gerichtet:

–        Air Canada;

–        Air France-KLM;

–        Société Air France SA (im Folgenden: Air France);

–        Koninklijke Luchtvaart Maatschappij NV (im Folgenden: KLM);

–        British Airways plc;

–        Cargolux Airlines International SA (im Folgenden: Cargolux);

–        Cathay Pacific Airways Ltd (im Folgenden: CPA);

–        Japan Airlines Corp.;

–        Japan Airlines International Co. Ltd (im Folgenden: Japan Airlines);

–        Lan Airlines SA (im Folgenden: LAN);

–        Lan Cargo SA (im Folgenden: LAN Cargo);

–        Lufthansa Cargo;

–        Lufthansa;

–        Swiss;

–        die Klägerin;

–        Qantas Airways Ltd (im Folgenden: Qantas);

–        SAS AB;

–        SAS Cargo Group A/S (im Folgenden: SAS Cargo);

–        Scandinavian Airlines System Denmark-Norway-Sweden (im Folgenden: Scandinavian Airlines);

–        Singapore Airlines Cargo Pte Ltd (im Folgenden: SAC);

–        Singapore Airlines Ltd.

7        Die Beschwerdepunkte, die gegenüber den übrigen Adressaten der Mitteilung der Beschwerdepunkte vorläufig erhoben worden waren, wurden fallen gelassen.

8        Der angefochtene Beschluss beschreibt in seinen Gründen eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Schweizer Abkommens im Gebiet des EWR und in der Schweiz, mit der die beschuldigten Fluggesellschaften ihr Verhalten bei der Festsetzung von Preisen für die Bereitstellung von Frachtdiensten untereinander abgestimmt haben sollen.

9        Der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses, soweit er die Klägerin betrifft, hat folgenden Wortlaut:

Artikel 1

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 101 AEUV und Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb des EWR zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

i)       [die Klägerin] vom 22. Januar 2001 bis zum 14. Februar 2006;

Artikel 2

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 101 AEUV verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Europäischen Union und Flughäfen außerhalb des EWR zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

o)      [die Klägerin] vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

Artikel 3

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen in Ländern, die zwar Vertragsparteien des EWR-Abkommens, aber keine Mitgliedstaaten sind, und Drittländern zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

m)      [die Klägerin] vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

Artikel 4

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 8 des [Schweizer] Abkommens … verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der … Union und Flughäfen in der Schweiz zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

i)      [die Klägerin] vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

Artikel 5

Für die in den Artikeln 1 bis 4 genannten Zuwiderhandlungen werden die folgenden Geldbußen festgesetzt:

m)       [die Klägerin]: 29 500 000 [Euro];

Artikel 6

Die in den Artikeln 1 bis 4 genannten Unternehmen beenden die in diesen Artikeln genannten Zuwiderhandlungen unverzüglich, soweit dies noch nicht geschehen ist.

Sie sehen künftig von der Wiederholung der in den Artikeln 1 bis 4 genannten Handlungen oder Verhaltensweisen sowie von allen Handlungen und Verhaltensweisen ab, die denselben oder einen ähnlichen Zweck oder dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben.

Artikel 7

Dieser Beschluss ist gerichtet an:

[die Klägerin]

…“

 Verfahren

10      Mit Klageschrift, die am 24. Januar 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. Die Kommission hat die Klagebeantwortung am 27. Mai 2011 eingereicht.

11      Mit Beschluss vom 29. Juni 2011 hat das Gericht gemäß Art. 47 § 1 seiner Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 entschieden, keinen zweiten Schriftsatzwechsel zu gewähren.

12      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 1. Dezember 2011 ist einer der Richter der Sechsten Kammer des Gerichts – des Spruchkörpers, dem der Berichterstatter zugewiesen war – durch einen anderen Richter ersetzt worden.

13      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 17. Januar 2013 ist der Berichterstatter durch einen neuen Richter ersetzt und die vorliegende Rechtssache einem neuen Berichterstatter in der Sechsten Kammer zugewiesen worden.

14      Auf eine Aufforderung des Gerichts im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 hat die Klägerin mit am 5. Juli 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichtem Schriftsatz zur Klagebeantwortung Stellung genommen. Mit am 27. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat die Kommission Bemerkungen zu dieser Stellungnahme vorgelegt.

15      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Ersten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb am 2. Oktober 2013 zugewiesen worden ist.

16      Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) beschlossen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen. Darüber hinaus hat das Gericht den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Art. 64 der Verfahrensordnung vom 2. Mai 1991 schriftliche Fragen gestellt, die diese fristgerecht beantwortet haben.

17      Am 28. April 2015 hat das Gericht die Klägerin aufgefordert, ihm mitzuteilen, ob der Sitzungsbericht Daten enthalte, die der Öffentlichkeit gegenüber vertraulich zu behandeln seien. Mit zwei Schreiben vom 4. Mai 2015 hat die Klägerin zum einen beantragt, der Öffentlichkeit bestimmte Daten des Sitzungsberichts nicht zur Kenntnis zu bringen, und zum anderen einige Bemerkungen zum genannten Bericht vorgelegt, die das Gericht berücksichtigt hat.

18      Die Parteien haben in der Sitzung vom 21. Mai 2015 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet.

 Anträge der Parteien

19      Die Klägerin beantragt,

–        die Art. 1 bis 7 des angefochtenen Beschlusses ganz oder teilweise für nichtig zu erklären, soweit sie sie betreffen;

–        oder die mit Art. 5 Buchst. m des angefochtenen Beschlusses verhängte Geldbuße herabzusetzen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

20      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

21      Die Klägerin stützt die Klage auf zwei Klagegründe, von denen der erste aus einem Verstoß gegen die Begründungspflicht, das Recht auf eine gute Verwaltung, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren sowie aus einer Verletzung der Unschuldsvermutung und der Verteidigungsrechte und der zweite aus einem offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Berechnung der Geldbuße sowie aus einem Verstoß gegen die Verordnung Nr. 1/2003, die Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen nach Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/1003 (ABl. 2006, C 210, S. 2), die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung und die Begründungspflicht hergeleitet wird.

22      Der erste Klagegrund wird in zwei Teilen vorgebracht, von denen der erste einen Verstoß gegen die Begründungspflicht und das Recht auf eine gute Verwaltung und der zweite einen Verstoß gegen das Recht auf eine gute Verwaltung, das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren, die Unschuldsvermutung und die Verteidigungsrechte betrifft.

23      Im Rahmen des ersten Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin insbesondere geltend, der angefochtene Beschluss erlaube es ihr nicht, Art und Tragweite der ihr gegenüber festgestellten Zuwiderhandlung bzw. Zuwiderhandlungen zu bestimmen, da im verfügenden Teil dieses Beschlusses vier Zuwiderhandlungen benannt seien, die sich auf verschiedene Zeiträume und Strecken bezögen und von verschiedenen Fluggesellschaften begangen worden seien, während die Gründe eine einzige einheitliche und fortgesetzte weltweite Zuwiderhandlung beträfen, die alle Strecken umfasse. Da die Kommission die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Schweizer Abkommens im angefochtenen Beschluss ausschließlich im Zusammenhang mit einem angeblich bestehenden weltweiten Kartell geprüft habe, könne zudem der Feststellung der vier Zuwiderhandlungen im verfügenden Teil nicht die in den Gründen vorgenommene Sachverhalts- und Beweiswürdigung zugrunde liegen. Die Kommission habe im angefochtenen Beschluss nicht geprüft, ob der festgestellte Sachverhalt und die zusammengetragenen Beweise die vier spezifischen Zuwiderhandlungen belegten, die in den Art. 1 bis 4 dieses Beschlusses jeweils benannt seien.

24      Demnach trägt die Klägerin mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes im Wesentlichen vor, der angefochtene Beschluss leide an einem Begründungsmangel, da die Gründe und der verfügende Teil dieses Beschlusses widersprüchlich seien, was die Kommission bestreitet.

25      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die nach Art. 296 Abs. 2 AEUV erforderliche Begründung nach ständiger Rechtsprechung die Überlegungen des Organs, das den angefochtenen Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass den Betroffenen die Kenntnisnahme von den Gründen für die erlassene Maßnahme zur Verteidigung ihrer Rechte und dem Richter der Europäischen Union die Ausübung seiner Kontrolle ermöglicht wird (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 25. Juni 1998, British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg, EU:T:1998:140, Rn. 89, sowie vom 29. Juni 2012, GDF Suez/Kommission, T‑370/09, Slg, EU:T:2012:333, Rn. 117). Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, Slg, EU:C:1998:154, Rn. 63, sowie vom 15. März 2000, Cimenteries CBR u. a./Kommission, T‑25/95, T‑26/95, T‑30/95 bis T‑32/95, T‑34/95 bis T‑39/95, T‑42/95 bis T‑46/95, T‑48/95, T‑50/95 bis T‑65/95, T‑68/95 bis T‑71/95, T‑87/95, T‑88/95, T‑103/95 und T‑104/95, Slg, EU:T:2000:77, Rn. 469).

26      In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. in diesem Sinne Urteile Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Rn. 25 angeführt, EU:C:1998:154, Rn. 63, sowie vom 2. Februar 2012, Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, T‑83/08, EU:T:2012:48, Rn. 91).

27      Gleichwohl ist die Kommission bei der Begründung einer Entscheidung, die erlassen worden ist, um die Anwendung der Wettbewerbsregeln zu gewährleisten, gemäß Art. 296 AEUV verpflichtet, zumindest die Tatsachen und Erwägungen anzuführen, denen nach dem Aufbau ihrer Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt, und so das zuständige Gericht und die interessierten Parteien darüber zu unterrichten, in welcher Weise sie das Unionsrecht angewandt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Denki Kagaku Kogyo und Denka Chemicals/Kommission, oben in Rn. 26 angeführt, EU:T:2012:48, Rn. 91).

28      Darüber hinaus muss die Begründung folgerichtig sein und darf insbesondere keine inneren Widersprüche aufweisen, die das Verständnis der Gründe, die diesem Rechtsakt zugrunde liegen, erschweren (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Juli 2008, Bertelsmann und Sony Corporation of America/Impala, C‑413/06 P, Slg, EU:C:2008:392, Rn. 169, sowie vom 29. September 2011, Elf Aquitaine/Kommission, C‑521/09 P, Slg, EU:C:2011:620, Rn. 151).

29      Hinzuzufügen ist, dass ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Schweizer Abkommens ungeachtet der Bestimmungen von Art. 23 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1/2003, aus denen hervorgeht, dass Entscheidungen, mit denen Geldbußen wegen Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht verhängt werden, keinen strafrechtlichen Charakter haben, ein Verhalten voraussetzt, das allgemein als unlauter und gemeinschädigend angesehen wird, mit einem deutlichen Stigma verbunden ist und für die verantwortlichen Unternehmen zu Geldbußen in einer Höhe von bis zu 10 % ihres Jahresumsatzes und damit zu zweifellos schweren Sanktionen führen kann (vgl. Schlussanträge von Generalanwältin Sharpston in der Rechtssache KME Germany u. a./Kommission, C‑272/09 P, Slg, EU:C:2011:63, Nr. 64). Im Hinblick auf die Natur der in Rede stehenden Zuwiderhandlungen sowie auf die Natur und den Schweregrad der daran geknüpften Sanktionen (vgl. Urteil vom 27. März 2014, Saint-Gobain Glass France u. a./Kommission, T‑56/09 und T‑73/09, Slg, EU:T:2014:160, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung) fallen diese unter das Strafrecht im Sinne von Art. 6 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK), wie u. a. aus dem Urteil des EGMR vom 27. September 2011, A. Menarini Diagnostics gegen Italien (Nr. 43509/08, §§ 39 bis 44), hervorgeht.

30      In den Rn. 58 und 59 seines Urteils A. Menarini Diagnostics gegen Italien (oben in Rn. 29 angeführt) hat der EGMR ferner darauf hingewiesen, dass auch dann, wenn „eine Strafe“ mit einer Entscheidung einer Verwaltungsbehörde verhängt werde, der Betroffene gegen eine derartige ihm gegenüber ergangene Entscheidung ein Gericht anrufen können müsse, das die in Art. 6 EMRK vorgesehenen Garantien biete (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juli 2013, Schindler Holding u. a./Kommission, C‑501/11 P, Slg, EU:C:2013:522, Rn. 34).

31      Der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der heute in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Ausdruck findet und im Unionsrecht Art. 6 Abs. 1 EMRK entspricht (vgl. Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, Slg, EU:C:2014:2062, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung), setzt jedoch voraus, dass der verfügende Teil einer von der Kommission erlassenen Entscheidung, mit der Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht festgestellt werden, besonders klar und präzise ist und die zur Verantwortung gezogenen und mit Sanktionen belegten Unternehmen die Zuweisung dieser Verantwortung und die Verhängung dieser Sanktionen, die sich aus dem Wortlaut des genannten verfügenden Teils ergeben, verstehen und anfechten können.

32      Die Kommission stellt nämlich Art und Ausmaß der von ihr geahndeten Zuwiderhandlungen im verfügenden Teil der Entscheidungen fest. Gerade soweit es um Umfang und Art der geahndeten Zuwiderhandlungen geht, kommt es grundsätzlich auf den verfügenden Teil und nicht auf die Gründe an. Nur dann, wenn der verfügende Teil nicht eindeutig formuliert ist, ist er unter Heranziehung der Gründe der Entscheidung auszulegen. Wie der Unionsrichter entschieden hat, ist für die Frage, an welche Personen sich eine Entscheidung richtet, mit der eine Zuwiderhandlung festgestellt wird, der verfügende Teil der Entscheidung maßgeblich, sofern er keinen Anlass zu Zweifeln gibt (Urteile vom 16. Dezember 1975, Suiker Unie u. a./Kommission, 40/73 bis 48/73, 50/73, 54/73 bis 56/73, 111/73, 113/73 und 114/73, Slg, EU:C:1975:174, Rn. 315, sowie vom 11. Dezember 2003, Adriatica di Navigazione/Kommission, T‑61/99, Slg, EU:T:2003:335, Rn. 43).

33      Auch ist darauf hinzuweisen, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV in den Beziehungen zwischen Einzelnen unmittelbare Wirkungen erzeugt und unmittelbar in deren Person Rechte entstehen lässt, so dass eine Person Ersatz des Schadens verlangen können muss, der ihr durch einen Vertrag, der den Wettbewerb beschränken oder verfälschen kann, oder durch ein entsprechendes Verhalten entstanden ist. Somit ist es Sache der nationalen Gerichte, die im Rahmen ihrer Zuständigkeit diese Vorschrift anzuwenden haben, nicht nur deren volle Wirkung zu gewährleisten, sondern auch die genannten Rechte zu schützen (Urteil vom 6. Juni 2013, Donau Chemie u. a., C‑536/11, Slg, EU:C:2013:366, Rn. 21 und 22). Daher kann jedermann Ersatz des ihm entstandenen Schadens verlangen, wenn zwischen dem Schaden und einem nach Art. 101 AEUV verbotenen Kartell oder Verhalten ein ursächlicher Zusammenhang besteht (Urteile vom 13. Juli 2006, Manfredi u. a., C‑295/04 bis C‑298/04, Slg, EU:C:2006:461, Rn. 61, sowie vom 6. November 2012, Otis u. a., C‑199/11, Slg, EU:C:2012:684, Rn. 43).

34      Gemäß Art. 16 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 dürfen Gerichte der Mitgliedstaaten, wenn sie nach Art. 101 AEUV über Vereinbarungen, Beschlüsse oder Verhaltensweisen zu befinden haben, die bereits Gegenstand einer Entscheidung der Kommission sind, dies jedoch nicht in einem Sinne tun, der dieser Entscheidung zuwiderläuft.

35      Insoweit ist entgegen dem Vorbringen der Kommission in der mündlichen Verhandlung davon auszugehen, dass ein nationales Gericht nicht nur dann eine der Entscheidung dieses Organs zuwiderlaufende Entscheidung erließe, wenn es die untersuchten wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen rechtlich anders einstufen würde, sondern auch dann, wenn sich seine Entscheidung hinsichtlich des zeitlichen oder räumlichen Umfangs der untersuchten Verhaltensweisen oder hinsichtlich der Haftung bzw. fehlenden Haftung der Personen, die Gegenstand der Untersuchung der in Rede stehenden Verhaltensweisen gewesen sind und deren Haftung in der Entscheidung der Kommission geprüft worden ist, von dieser unterschiede.

36      Daraus ergibt sich, dass die nationalen Gerichte an die Entscheidung der Kommission, soweit sie nicht für nichtig oder für unwirksam erklärt wird, gebunden sind, was voraussetzt, dass ihr verfügender Teil unmissverständlich ist.

37      Insbesondere müssen die nationalen Gerichte in der Lage sein, dem klaren Wortlaut des verfügenden Teils einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt wird, die Tragweite dieser Zuwiderhandlung und die dafür verantwortlichen Personen zu entnehmen, um daraus die notwendigen Konsequenzen für die Klagen auf Ersatz der durch die Zuwiderhandlung verursachten Schäden ziehen zu können, die von Personen erhoben worden sind, denen durch ebendiese Zuwiderhandlung ein Schaden entstanden ist.

38      Schließlich ist festzustellen, dass die volle Wirksamkeit von Art. 101 AEUV in Frage gestellt wäre, wenn das einer Person zustehende Recht, von einer anderen Person Ersatz ihres Schadens zu verlangen, kategorisch vom Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen diesen beiden Personen abhängig gemacht würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juni 2014, Kone u. a., C‑557/12, Slg, EU:C:2014:1317, Rn. 33). Somit lässt sich nicht ausschließen, dass eine Person, die für eine von der Kommission festgestellte Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln zur Verantwortung gezogen wird, den Schaden zu ersetzen hat, der Kunden anderer Personen, die für dieselbe Zuwiderhandlung haften, verursacht worden ist. In einem solchen Fall können die nationalen Gerichte, wenn dies im nationalen Recht vorgesehen ist, mit Regressklagen zwischen diesen Personen befasst werden. Der Wortlaut des verfügenden Teils einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt wird, erscheint unter diesem Gesichtspunkt entscheidend, da in ihm gegenseitige Rechte und Pflichten der genannten Personen festgelegt werden können.

39      Der nationale Richter kann auch, wenn dies im nationalen Recht vorgesehen ist, gehalten sein, zu entscheiden, dass sämtliche Personen, die für die von der Kommission festgestellte Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln zur Verantwortung gezogen werden, den verursachten Schaden gesamtschuldnerisch zu ersetzen haben. In diesem Fall kann der Wortlaut des verfügenden Teils einer Entscheidung, mit der eine Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt wird, auch hinsichtlich der genannten Personen entscheidend sein.

40      Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist daher erstens zu prüfen, ob, wie die Klägerin vorträgt, ein Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses besteht.

41      Die Art. 1 bis 4 des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses haben folgenden Wortlaut:

Artikel 1

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 101 AEUV und Artikel 53 EWR-Abkommen verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb des EWR zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

a)      … Air France-KLM vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006;

b)      … Air France vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006;

c)      KLM … vom 21. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006;

d)      British Airways … vom 22. Januar 2001 bis zum 14. Februar 2006;

e)      Cargolux … vom 22. Januar 2001 bis zum 14. Februar 2006;

f)      Lufthansa Cargo … vom 14. Dezember 1999 bis zum 7. Dezember 2005;

g)       … Lufthansa … vom 14. Dezember 1999 bis zum 7. Dezember 2005;

h)      Swiss … vom 2. April 2002 bis zum 7. Dezember 2005;

i)      [die Klägerin] vom 22. Januar 2001 bis zum 14. Februar 2006;

j)      SAS … vom 17. August 2001 bis zum 14. Februar 2006;

k)      SAS Cargo … vom 1. Juni 2001 bis zum 14. Februar 2006;

l)      Scandinavian Airlines … vom 13. Dezember 1999 bis zum 28. Dezember 2003.

Artikel 2

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 101 AEUV verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der … Union und Flughäfen außerhalb des EWR zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

a)      Air Canada vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

b)      Air France-KLM vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

c)      … Air France vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

d)      KLM … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

e)      British Airways … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

f)      Cargolux … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

g)      [CPA] vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

h)      Japan Airlines [Corp.] vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

i)      Japan Airlines … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

j)      LAN … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

k)      LAN Cargo … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

l)      Lufthansa Cargo … vom 1. Mai 2004 bis zum 7. Dezember 2005;

m)      … Lufthansa … vom 1. Mai 2004 bis zum 7. Dezember 2005;

n)      Swiss … vom 1. Mai 2004 bis zum 7. Dezember 2005;

o)      [die Klägerin] vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

p)      Qantas … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

q)      SAS … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

r)      SAS Cargo … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

s)      [SAC] vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

t)      Singapore Airlines … vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006.

Artikel 3

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 53 des EWR-Abkommens verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen in Ländern, die zwar Vertragsparteien des EWR-Abkommens, aber keine EU-Mitgliedstaaten sind, und Drittländern zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

a)      Air Canada vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

b)      Air France-KLM vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

c)      … Air France vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

d)      KLM … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

e)      British Airways … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

f)      Cargolux … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

g)      [CPA] vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

h)      Japan Airlines [Corp.] vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

i)      Japan Airlines … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

j)      Lufthansa Cargo … vom 19. Mai 2005 bis zum 7. Dezember 2005;

k)      … Lufthansa … vom 19. Mai 2005 bis zum 7. Dezember 2005;

l)      Swiss … vom 19. Mai 2005 bis zum 7. Dezember 2005;

m)      [die Klägerin] vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

n)      Qantas … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

o)      SAS … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

p)      SAS Cargo … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

q)      [SAC] vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

r)      Singapore Airlines … vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006.

Artikel 4

Die folgenden Unternehmen haben gegen Artikel 8 des [Schweizer] Abkommens … verstoßen, indem sie sich an einer aus Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen bestehenden Zuwiderhandlung beteiligt haben, mit der sie verschiedene Elemente der für [Frachtdienste] auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der … Union und Flughäfen in der Schweiz zu berechnenden Preise untereinander für die folgenden Zeitspannen abstimmten:

a)      Air France-KLM vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

b)      … Air France vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

c)      KLM … vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

d)      British Airways … vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

e)      Cargolux … vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

f)      Lufthansa Cargo … vom 1. Juni 2002 bis zum 7. Dezember 2005;

g)      … Lufthansa … vom 1. Juni 2002 bis zum 7. Dezember 2005;

h)      Swiss … vom 1. Juni 2002 bis zum 7. Dezember 2005;

i)      [die Klägerin] vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

j)      SAS … vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

k)      SAS Cargo … vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006;

l)      Scandinavian Airlines … vom 1. Juni 2002 bis zum 28. Dezember 2003.“

42      Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, aus dem Wortlaut der Art. 1 bis 4 des angefochtenen Beschlusses ergebe sich eher die Feststellung des Bestehens vier getrennter einheitlicher und fortgesetzter Zuwiderhandlungen, die jeweils eine andere Streckenkategorie beträfen, als dass in ihm die Feststellung einer einzigen einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken beziehe und in den Gründen dieses Beschlusses erläutert werde, zum Ausdruck komme.

43      Dies werde durch den Wortlaut der Art. 5 und 6 des angefochtenen Beschlusses bestätigt, in denen es heißt:

Artikel 5

Für die in den Artikeln 1 bis 4 genannten Zuwiderhandlungen werden die folgenden Geldbußen festgesetzt:

Artikel 6

Die in den Artikeln 1 bis 4 genannten Unternehmen beenden die in diesen Artikeln genannten Zuwiderhandlungen unverzüglich, soweit dies noch nicht geschehen ist.

…“

44      Die Klägerin hebt hervor, dass sich die Art. 5 und 6 des angefochtenen Beschlusses auf „Zuwiderhandlungen“ im Plural bezögen und nicht auf „eine Zuwiderhandlung“ im Singular.

45      Hierzu ist zunächst festzustellen, dass, wie die Kommission in ihrer Antwort auf die oben in Rn. 16 genannten prozessleitenden Maßnahmen geltend macht, durch die Aufteilung des Teils des Tenors einer Entscheidung, mit der Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln festgestellt werden, in vier separate Artikel nicht zwangsläufig zum Ausdruck gebracht wird, dass vier getrennte Zuwiderhandlungen vorliegen.

46      Diese Aufteilung könnte dem Umstand Rechnung tragen, dass sämtliche wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, aus denen die im angefochtenen Beschluss beschriebene einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung besteht, gegen drei Vorschriften verstoßen haben, die ebendiese Verhaltensweisen verbieten, aber eine unterschiedliche räumliche und zeitliche Tragweite haben.

47      Im Übrigen hat die Kommission in den Rn. 815 bis 817 des angefochtenen Beschlusses und in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht darauf hingewiesen, dass sie bis zum 1. Mai 2004 nur über Befugnisse zur Anwendung von Art. 101 AEUV auf den internationalen Luftverkehr zwischen Flughäfen der Union verfügt habe und Art. 101 AEUV daher nicht auf wettbewerbswidrige Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen habe anwenden können, die Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Union und Flughäfen außerhalb des EWR betroffen hätten. Darüber hinaus hat sie in den Rn. 818 bis 821 des angefochtenen Beschlusses erläutert, dass sie bis zum 19. Mai 2005 nur für die Anwendung von Art. 53 des EWR-Abkommens auf den Luftverkehr zwischen Flughäfen innerhalb des EWR zuständig gewesen und erst ab diesem Zeitpunkt für die Anwendung der genannten Vorschrift auf Strecken zwischen Flughäfen in Staaten, die zwar Vertragsparteien des EWR-Abkommens, aber keine Mitgliedstaaten seien, und Drittstaaten zuständig geworden sei. Aus den Rn. 822 bis 825 des angefochtenen Beschlusses geht ferner hervor, dass die Kommission sich ab dem 1. Juni 2002 als zuständig für die Anwendung von Art. 8 des Schweizer Abkommens auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Union und Flughäfen in der Schweiz angesehen hat.

48      Wie die Kommission in ihrer oben in Rn. 16 angeführten Antwort und in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, hat sie folglich der Verstoß gegen drei Vorschriften, nämlich gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Schweizer Abkommens, in denen jeweils ihre Zuständigkeit für die zeitliche und örtliche Anwendung dieser Vorschriften festgelegt ist, dazu veranlasst, den verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses in sieben Artikel aufzuteilen, von denen die ersten vier folgenden Inhalt haben:

–        Art. 1 betrifft die Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb des EWR für den Zeitraum vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006;

–        Art. 2 betrifft die Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 101 AEUV auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Union und Flughäfen außerhalb des EWR für den Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006;

–        Art. 3 betrifft die Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 53 des EWR-Abkommens auf Strecken zwischen Flughäfen in Staaten, die zwar Vertragsparteien des EWR-Abkommens, aber keine Mitgliedstaaten sind, und Drittstaaten für den Zeitraum vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006;

–        Art. 4 betrifft die Zuständigkeit der Kommission für die Anwendung von Art. 8 des Schweizer Abkommens auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Union und Flughäfen in der Schweiz für den Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006.

49      Weder der unterschiedliche Umfang der Zuständigkeit der Kommission nach Maßgabe der betroffenen Strecken noch die Aufteilung des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses je nach dem Umfang der Zuständigkeit der Kommission werden von der Klägerin bestritten.

50      Die Klägerin weist jedoch zum einen darauf hin, dass sich ausweislich der Gründe des angefochtenen Beschlusses unabhängig von den bedienten Strecken alle beschuldigten Fluggesellschaften an den wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen beteiligt hätten, aus denen die weltweite einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bestehe, und zum anderen, dass in den Art. 1 bis 4 dieses Beschlusses vier getrennte Zuwiderhandlungen festgestellt würden, die jeweils eine andere Streckenkategorie beträfen und an denen sich nur eine bestimmte Anzahl beschuldigter Fluggesellschaften beteiligt habe.

51      Aus dem angefochtenen Beschluss geht insoweit hervor, dass nur die Namen von elf der 21 beschuldigten Fluggesellschaften, nämlich Air France-KLM, Air France, KLM, British Airways, Cargolux, Lufthansa, Lufthansa Cargo, Swiss, die Klägerin, SAS und SAS Cargo, in jedem seiner ersten vier Artikel aufgeführt werden. Die Namen der Fluggesellschaften Air Canada, CPA, Japan Airlines Corp., Japan Airlines, Qantas, SAC und Singapore Airlines finden sich sowohl in Art. 2 als auch in Art. 3 des erwähnten Beschlusses. Der Name der Fluggesellschaft Scandinavian Airlines taucht sowohl in Art. 1 als auch in Art. 4 des Beschlusses auf. Die Fluggesellschaften LAN und LAN Cargo werden lediglich in Art. 2 dieses Beschlusses namentlich erwähnt.

52      Zu beachten ist jedoch, dass der Zeitraum vom 1. Mai 2004 bis zum 14. Februar 2006, für den festgestellt wird, dass sich die Fluggesellschaften, deren Namen in Art. 2 des angefochtenen Beschlusses aufgeführt sind, am wettbewerbswidrigen Verhalten beteiligt haben, sowie der Zeitraum vom 19. Mai 2005 bis zum 14. Februar 2006, für den festgestellt wird, dass sich die in Art. 3 dieses Beschlusses namentlich genannten Fluggesellschaften am erwähnten Verhalten beteiligt haben, vollständig im Zeitraum vom 7. Dezember 1999 bis zum 14. Februar 2006, den Art. 1 des besagten Beschlusses umfasst, sowie im Zeitraum vom 1. Juni 2002 bis zum 14. Februar 2006, den Art. 4 dieses Beschlusses umfasst, enthalten sind, wie sich oben aus Rn. 41 ergibt.

53      Für den Fall, dass die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen als eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Schweizer Abkommens angesehen werden, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken bezieht und an der sich sämtliche beschuldigten Fluggesellschaften beteiligt haben, müssten sich die Namen der in Art. 2 des angefochtenen Beschlusses aufgeführten Fluggesellschaften daher auch in den Art. 1 und 4 dieses Beschlusses finden. Darüber hinaus müssten alle Fluggesellschaften, die sich nach Art. 2 des besagten Beschlusses für einen Zeitraum an den in diesem Artikel genannten Verhaltensweisen beteiligt haben, der über den 19. Mai 2005 hinausgeht, auch in Art. 3 des Beschlusses namentlich erwähnt werden.

54      Somit lassen sich die ersten vier Artikel des angefochtenen Beschlusses nicht dahin auslegen, dass sie die Annahme einer einzigen einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung stützen, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken bezieht und an der sich alle beschuldigten Fluggesellschaften beteiligt haben. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Namen mehrerer beschuldigter Fluggesellschaften in den Art. 1, 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses nicht erwähnt werden, führt eine Betrachtung der Art. 1 bis 4 dieses Beschlusses vielmehr zwangsläufig zu einem Verständnis, das eine der beiden folgenden Feststellungen beinhaltet:

–        Entweder geht der verfügende Teil des angefochtenen Beschlusses von vier getrennten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlungen aus, die jeweils eine andere Streckenkategorie betreffen, was im Übrigen die Verwendung des Wortes „Zuwiderhandlungen“ im Plural in den Art. 5 und 6 dieses Beschlusses erklären könnte, wie die Klägerin geltend macht,

–        oder dieser verfügende Teil geht von der Feststellung aus, dass eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorliegt, für die lediglich die Fluggesellschaften zur Verantwortung gezogen werden, die sich auf den Strecken, die jeder einzelne der Art. 1 bis 4 des angefochtenen Beschlusses betrifft, an dem im jeweiligen Artikel genannten rechtswidrigen Verhalten unmittelbar beteiligt haben oder Kenntnis von Absprachen über diese Strecken hatten, deren Gefahr sie auf sich nahmen.

55      Die letztgenannte Lesart lässt sich dadurch erklären, dass die Kommission nicht berechtigt ist, ein Unternehmen, das sich an einer oder mehreren wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, die eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bilden, unmittelbar beteiligt hat, für das von den an dieser Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen beabsichtigte oder an den Tag gelegte rechtswidrige Verhalten, an dem es sich nicht unmittelbar beteiligt hat, zur Verantwortung zu ziehen, es sei denn, es ist nachgewiesen, dass es durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung sämtlicher von den anderen Kartellbeteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem gesamten übrigen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Dezember 2012, Kommission/Verhuizingen Coppens, C‑441/11 P, Slg, EU:C:2012:778, Rn. 44).

56      Wie die Parteien selbst feststellen, ergibt sich jedoch aus einer Gesamtbetrachtung der Gründe des angefochtenen Beschlusses, insbesondere dessen Rn. 1, 95 bis 97, 100, 101, 855, 856 und 864 bis 879, dass die Kommission eine einzige Absprache beschreibt, die als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV, Art. 53 des EWR-Abkommens und Art. 8 des Schweizer Abkommens eingestuft wird, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken bezieht und an der sich sämtliche beschuldigten Fluggesellschaften beteiligt haben sollen. Diese hätten ihr Verhalten hinsichtlich der Entwicklung des Treibstoffzuschlags und des Sicherheitszuschlags einerseits und der Weigerung der Zahlung von Provisionen andererseits im Rahmen eines einheitlichen Gesamtplans und mittels eines einheitlichen Netzwerks – bilateraler und multilateraler – Kontakte abgestimmt. Diese Abstimmung habe weltweit stattgefunden und betreffe daher alle im erwähnten Beschluss genannten Strecken gleichzeitig.

57      In Rn. 892 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission sogar hervorgehoben, dass die oben in Rn. 56 beschriebene Absprache eine einzige Zuwiderhandlung darstelle und es im vorliegenden Fall „widersinnig“ wäre, die wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, aus denen die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bestehe, „als mehrere getrennte Zuwiderhandlungen zu betrachten“.

58      Daher ist festzustellen, dass ein Widerspruch zwischen den Gründen des angefochtenen Beschlusses, die eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung beschreiben, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken bezieht und an der sich alle beschuldigten Fluggesellschaften beteiligt haben sollen, und dem verfügenden Teil dieses Beschlusses besteht, der entweder vier getrennte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlungen oder eine einzige einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung feststellt, für die lediglich die Fluggesellschaften zur Verantwortung gezogen werden, die sich auf den in den Art. 1 bis 4 des angefochtenen Beschlusses genannten Strecken an dem im jeweiligen Artikel erwähnten rechtswidrigen Verhalten unmittelbar beteiligt oder Kenntnis von Absprachen über diese Strecken gehabt haben sollen, deren Gefahr sie auf sich nahmen.

59      Diese Schlussfolgerung lässt sich nicht durch das Argument der Kommission entkräften, das diese in der Antwort auf die oben in Rn. 16 genannten prozessleitenden Maßnahmen vorgebracht hat und wonach sich die Tatsache, dass einige beschuldigte Fluggesellschaften in den Art. 1, 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses nicht erwähnt würden, dadurch erklären lasse – ohne dass davon ausgegangen werden müsse, dass diese Artikel getrennte einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlungen feststellten –, dass die genannten Fluggesellschaften die von diesen Vorschriften erfassten Strecken nicht bedient hätten.

60      Die alternative Lesart des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses, wie sie von der Kommission vorgeschlagen wird, liefe nämlich dem Grundgedanken einer einzigen einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zuwider, die aus einer Reihe wettbewerbswidriger Verhaltensweisen besteht, für die alle Teilnehmer unabhängig von den betroffenen Strecken haften, wie sich u. a. aus den Ausführungen der Kommission in den Rn. 862 und 873 dieses Beschlusses ergibt, aus denen hervorgeht, dass sie im vorliegenden Fall die Grundsätze anwenden werde, die sich aus der Rechtsprechung ergäben, wonach eine Person auch dann für die Beteiligung eines Unternehmens an einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn feststeht, dass das betreffende Unternehmen nur an einem oder mehreren Bestandteilen dieser Zuwiderhandlung unmittelbar mitgewirkt hat, sofern sie wusste oder wissen musste, dass die Absprache, an der sich das genannte Unternehmen beteiligte, Teil eines Gesamtplans war und sich dieser Gesamtplan auf sämtliche Bestandteile der Zuwiderhandlung erstreckte (Urteile vom 14. Mai 1998, Buchmann/Kommission, T‑295/94, Slg, EU:T:1998:88, Rn. 121, sowie vom 20. März 2002, HFB u. a./Kommission, T‑9/99, Slg, EU:T:2002:70, Rn. 231).

61      Die von der Kommission vorgeschlagene alternative Lesart des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses widerspricht auch einigen ihrer in diesem Beschluss getroffenen Feststellungen wie der in Rn. 881, in der es heißt, dass, um auf die festgestellte einheitliche und fortdauernde Zuwiderhandlung schließen zu können, nicht nachgewiesen zu werden brauche, „dass die Fluggesellschaften tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber aller Mitglieder des Kartells oder tatsächliche oder potenzielle Wettbewerber auf bestimmten Strecken sind“, oder derjenigen, die sich aus Rn. 825 ergibt, wonach eine Zuwiderhandlung für eine bestimmte Strecke nicht nachgewiesen zu werden brauche, sondern es genüge, Nachweise für das Bestehen eines weltweiten Kartells vorzulegen, da „[d]ie in Abschnitt 4 [des angefochtenen Beschlusses] beschriebenen Sachverhalte … Bestandteile der Gesamtheit aller Beweismittel in Verbindung mit dem in diesem Beschluss beschriebenen weltweiten Kartell [sind]“.

62      Daher ergibt sich aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses, dass diese eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung nicht nur hinsichtlich der drei Bestandteile der Zuwiderhandlung, nämlich des Treibstoffzuschlags, des Sicherheitszuschlags und der Weigerung der Zahlung von Provisionen, beschreiben, sondern auch hinsichtlich aller von den beschuldigten Fluggesellschaften bedienten Strecken.

63      Folglich würde auch die von der Kommission vorgeschlagene alternative Lesart des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses zu der Feststellung führen, dass ein Widerspruch zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil dieses Beschlusses besteht.

64      Sodann ist festzustellen, dass die in den Art. 1 bis 4 des angefochtenen Beschlusses erwähnten Fluggesellschaften entgegen dem Vorbringen der Kommission (siehe oben, Rn. 59) für die gesamte in jedem einzelnen Artikel genannte Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden, ohne dass in diesen Artikeln jeweils zwischen Strecken, die diese Fluggesellschaften während des Zeitraums der Zuwiderhandlung bedienten, und solchen unterschieden wird, die sie nicht bedienten.

65      Letztlich ergibt sich aus der von der Kommission vorgeschlagenen Lesart des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses, dass dieser verfügende Teil auf zwei widersprüchlichen Denkansätzen beruht. Einerseits werden die in diesem oder jenem der ersten vier Artikel des genannten Beschlusses erwähnten Fluggesellschaften nämlich selbst dann für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, an denen sie sich beteiligt haben sollen, zur Verantwortung gezogen, wenn sie nicht sämtliche vom fraglichen Artikel erfassten Strecken bedienten. Andererseits entgehen dieselben Fluggesellschaften, die in einem bestimmten anderen Artikel nicht erwähnt werden, jeglicher Haftung für wettbewerbswidrige Verhaltensweisen, an denen sie sich gleichwohl beteiligt haben sollen, sofern sie keine der vom genannten Artikel erfassten Strecken bedienten.

66      Außerdem ist zu beachten, dass die Kommission die Nichterwähnung einiger beschuldigter Fluggesellschaften in den Art. 1, 3 und 4 des angefochtenen Beschlusses – erstmals in ihrer oben in Rn. 16 genannten Antwort – mit dem Bestehen eines vermeintlichen „Ermessensspielraums“ gerechtfertigt hat, der es ihr ermöglicht haben soll, bestimmte Teilnehmer an einem weltweiten Kartell selbst dann nicht für sämtliche wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen, aus denen dieses Kartell besteht, zur Verantwortung zu ziehen, wenn sie sich an ihnen beteiligt hatten, sofern dies auf objektiven und nicht diskriminierenden Kriterien beruht und gleichzeitig anerkannt wird, dass alle Fluggesellschaften unter die Art. 1, 3 und 4 des genannten Beschlusses hätten fallen können.

67      Die Kommission hat nicht nur die Rechtsgrundlage für einen solchen Spielraum nicht erläutert, sie hat auch nicht angegeben, inwiefern ein solcher Spielraum mit ihrem Willen vereinbar sein soll, die Grundsätze anzuwenden, die sich aus der in den Rn. 862 und 873 des angefochtenen Beschlusses angeführten und oben in Rn. 60 erwähnten Rechtsprechung ergeben.

68      Schließlich ist festzustellen, dass die Gründe des angefochtenen Beschlusses selbst nicht frei von inneren Unstimmigkeiten sind. Sie enthalten nämlich Beurteilungen, die nur schwer mit dem Bestehen einer einzigen Absprache, die alle im verfügenden Teil genannten Strecken umfasst und in diesen Gründen beschrieben wird (siehe oben, Rn. 56), vereinbar sind.

69      Insoweit ist mit der Klägerin festzustellen, dass die Kommission, worauf sie in Rn. 1124 des angefochtenen Beschlusses hingewiesen hat, beim Datum für den Beginn der Beteiligung jeder beschuldigten Fluggesellschaft an der Zuwiderhandlung vom ersten wettbewerbswidrigen Kontakt ausgegangen war, an dem die jeweilige Fluggesellschaft teilgenommen hatte, außer im Fall einiger Fluggesellschaften, die ihrer Auffassung nach nicht für die Zuwiderhandlung hinsichtlich der Strecken zwischen Flughäfen innerhalb des EWR zur Verantwortung zu ziehen waren, nämlich Air Canada, CPA, Japan Airlines, LAN Cargo und SAC. Bei diesen Fluggesellschaften ist sie vom 1. Mai 2004 als Datum für den Beginn der Zuwiderhandlung ausgegangen, auch wenn sie parallel darauf hingewiesen hat, dass sich die erwähnten Gesellschaften bereits vor diesem Zeitpunkt an der oben in Rn. 56 beschriebenen einzigen Absprache beteiligt hätten. Sie hat die Wahl dieses Datums damit gerechtfertigt, dass „erst ab [dann] die Verordnung … Nr. 1/2003 für die relevanten Dienstleistungen anwendbar und eine Zuwiderhandlung [der betreffenden Fluggesellschaften] … festgestellt ist“.

70      Wie bereits dargelegt worden ist (siehe oben, Rn. 60), hat die Kommission in den Gründen des angefochtenen Beschlusses jedoch speziell darauf hingewiesen, dass sie die Grundsätze anwenden werde, die sich aus der Rechtsprechung ergäben, wonach eine Person im Rahmen des Bestehens einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung auch dann für die Beteiligung eines Unternehmens an einer Zuwiderhandlung zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn feststeht, dass das betreffende Unternehmen nur an einem oder mehreren Bestandteilen dieser Zuwiderhandlung unmittelbar mitgewirkt hat, sofern sie wusste oder wissen musste, dass die Absprache, an der es sich beteiligte, Teil eines Gesamtplans war, der sich auf sämtliche Bestandteile der Zuwiderhandlung erstreckte.

71      Daher ist festzustellen, dass die Gründe des angefochtenen Beschlusses, auch wenn in ihnen das Bestehen einer einzigen einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung festgestellt wird, die sich auf alle vom Kartell erfassten Strecken bezieht, gleichwohl erhebliche innere Widersprüche enthalten.

72      Aus dem Vorstehenden ergibt sich somit, dass der angefochtene Beschluss mit Widersprüchen zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil auf der einen Seite und innerhalb der Gründe selbst auf der anderen Seite behaftet ist.

73      Zweitens ist zu prüfen, ob die inneren Widersprüche des angefochtenen Beschlusses, wie die Klägerin vorträgt, ihre Verteidigungsrechte verletzen, weil sie es ihr nicht ermöglicht haben, Art und Tragweite der festgestellten Zuwiderhandlung bzw. Zuwiderhandlungen zu verstehen, und das Gericht daran hindern, seine Kontrolle auszuüben.

74      In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass das bloße Bestehen eines Widerspruchs zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil einer Entscheidung nicht für die Annahme genügt, dass diese an einem Begründungsmangel leidet, sofern erstens der Kläger der Entscheidung als Ganzem diese Inkohärenz entnehmen und sie geltend machen konnte, zweitens der Wortlaut des verfügenden Teils so eindeutig und genau ist, dass es ihm ermöglicht wird, die genaue Bedeutung der Entscheidung zu erfassen, und drittens die Beweise, die verwendet worden sind, um zu belegen, dass der Kläger an den Zuwiderhandlungen, die ihm im verfügenden Teil zugewiesen werden, beteiligt war, in den Gründen klar bezeichnet und untersucht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Adriatica di Navigazione/Kommission, oben in Rn. 32 angeführt, EU:T:2003:335, Rn. 49 bis 52).

75      Im vorliegenden Fall steht jedoch keine der beiden oben in Rn. 54 genannten möglichen Lesarten des verfügenden Teils des angefochtenen Beschlusses mit den Gründen dieses Beschlusses im Einklang. Da das Gericht nicht der einen oder der anderen dieser Lesarten den Vorzug geben kann, ohne seine eigene Beurteilung an die Stelle der Beurteilung der Kommission zu setzen, genügt es folglich, wenn im Rahmen zumindest einer der beiden möglichen Lesarten geprüft wird, ob die inneren Widersprüche des angefochtenen Beschlusses geeignet waren, die Verteidigungsrechte der Klägerin zu verletzen, und das Gericht daran hindern, seine Kontrolle auszuüben.

76      Was die erste Lesart betrifft, nämlich diejenige, die von vier getrennten einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlungen ausgeht, auf die sich die Klägerin im Übrigen beruft, ist festzustellen, dass die Klägerin, auch wenn sie das Bestehen eines Widerspruchs – insbesondere zwischen den Gründen und dem verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses – feststellen und aus dem Wortlaut des verfügenden Teils ableiten konnte, dass in diesem vier getrennte Zuwiderhandlungen festgestellt wurden, deswegen noch nicht in der Lage war, zu verstehen, inwiefern die in den Gründen dargelegten Beweismittel für eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung geeignet waren, die vier im verfügenden Teil festgestellten getrennten Zuwiderhandlungen zu belegen, und es ihr daher auch nicht möglich war, die Hinlänglichkeit dieser Beweismittel zu bestreiten.

77      In den Rn. 692 bis 806 des angefochtenen Beschlusses hat sich die Kommission nämlich dafür entschieden, nicht zwischen den Beweisen zu differenzieren, die gegenüber jeder einzelnen beschuldigten Fluggesellschaft nach Maßgabe der Strecken oder Streckenkategorien, auf die sich diese Beweise bezogen, verwendet worden sind. Die Kommission hat lediglich geprüft, ob diese Beweise geeignet waren, die Beteiligung der genannten Fluggesellschaften an der in den Gründen dieses Beschlusses beschriebenen einzigen Absprache zu belegen, ohne zu untersuchen, ob das Bestehen jeder einzelnen der vier einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlungen, die sie im verfügenden Teil des angefochtenen Beschlusses festgestellt hat, durch Beweise belegt wurde. Eine Beweisdifferenzierung ist lediglich im Zusammenhang mit den Abstimmungen in Bezug auf den Treibstoffzuschlag, den Sicherheitszuschlag bzw. die Weigerung der Zahlung von Provisionen vorgenommen worden.

78      Darüber hinaus macht die Klägerin im Rahmen der ersten möglichen Lesart des verfügenden Teils geltend, dass es ihr unmöglich sei, zu verstehen, weshalb die Kommission sie für eine Zuwiderhandlung – auch auf nicht bedienten Strecken innerhalb des in jedem einzelnen Artikel des angefochtenen Beschlusses festgelegten Gebiets – zur Verantwortung gezogen habe, so dass sie nicht erkennen könne, ob sie gegenüber den beschuldigten Fluggesellschaften, die lediglich für zwei oder gar nur eine einzige Zuwiderhandlung haftbar gemacht worden seien, weil sie bestimmte Strecken nicht bedient hätten, diskriminiert worden sei.

79      Hierzu ist festzustellen, dass aus dem angefochtenen Beschluss nicht deutlich hervorgeht, weshalb die Namen einiger Fluggesellschaften in bestimmten Artikeln dieses Beschlusses nicht erwähnt werden. Die Klägerin macht im Übrigen geltend, dem Beschluss lasse sich nicht entnehmen, ob diese Nichterwähnung mit der Tatsache zusammenhänge, dass sie bestimmte Strecken nicht bedient hätten. Die Kommission hat dem Gericht erst auf die oben in Rn. 16 angeführte prozessleitende Maßnahme hin erläutert, dass einige Fluggesellschaften in bestimmten Artikeln des angefochtenen Beschlusses deshalb nicht namentlich erwähnt seien, weil sie die in diesen Artikeln festgelegten Strecken nicht bedient hätten oder weil sich ihr Umsatz auf diesen Strecken für das Jahr 2005 auf weniger als 30 000 Euro belaufen habe.

80      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Begründung dem Betroffenen nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich gleichzeitig mit dem ihn beschwerenden Rechtsakt mitzuteilen ist und ihr Fehlen nicht dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene die Gründe für den Rechtsakt während des Verfahrens vor dem Unionsrichter erfährt (Urteile vom 26. November 1981, Michel/Parlament, 195/80, Slg, EU:C:1981:284, Rn. 22, sowie vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg, EU:C:2005:408, Rn. 463).

81      Andernfalls besteht die Gefahr, dass die Pflicht zur Begründung einer Einzelentscheidung ihren Zweck nicht erfüllt, der nach ständiger Rechtsprechung darin besteht, den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die Entscheidung richtig ist oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung ermöglicht, und dem Unionsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu ermöglichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Dansk Rørindustri u. a./Kommission, oben in Rn. 80 angeführt, EU:C:2005:408, Rn. 462 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Im vorliegenden Fall ist es gerade auf diese verspätete Information zurückzuführen, dass die Klägerin erst während der mündlichen Verhandlung einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zwischen beschuldigten Fluggesellschaften hat geltend machen können, da sie erst zu diesem Zeitpunkt hat erkennen können, dass ihr Name unter Berücksichtigung des Umsatzes, den sie während des Jahres 2005 auf Strecken zwischen Flughäfen innerhalb der Union und Flughäfen in der Schweiz erzielt hatte, nicht in Art. 4 des angefochtenen Beschlusses hätte aufgeführt sein dürfen.

83      Außerdem wäre es dem Gericht unmöglich, die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses zu kontrollieren, da es nicht prüfen könnte, ob die von der Kommission zum Nachweis einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung zusammengetragenen Beweise genügten, um die vier im verfügenden Teil des genannten Beschlusses festgestellten Zuwiderhandlungen zu belegen.

84      Folglich leidet der angefochtene Beschluss an einem Begründungsmangel, der seine Nichtigerklärung rechtfertigt.

85      Nach alledem ist dem ersten Teil des ersten Klagegrundes zu folgen.

86      Der angefochtene Beschluss ist daher für nichtig zu erklären, soweit er die Klägerin betrifft, ohne dass es einer Prüfung der anderen von ihr vorgebrachten Klagegründe und Argumente bedarf.

 Kosten

87      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin gemäß deren Antrag aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Der Beschluss K(2010) 7694 endg. der Kommission vom 9. November 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 AEUV, Artikel 53 des EWR-Abkommens und Artikel 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (Sache COMP/39258 – Luftfracht) wird für nichtig erklärt, soweit er die Martinair Holland NV betrifft.

2.      Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten, die Martinair Holland entstanden sind.

Kanninen

Pelikánová

Buttigieg

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Dezember 2015.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.